Beerdigung in Zeiten der Corona-Krise: Abschied digital
Die Corona-Pandemie hat Einfluss auf sämtliche Lebensbereiche. Auch auf dem letzten Weg gelten verschärfte Sicherheitsbestimmungen. Was bei einer Beerdigung zu beachten ist und welche Möglichkeiten Trauernde haben, um digital Abschied zu nehmen, erklärt dieser Artikel.
Die 60-jährige Jutta N. traf die Nachricht wie ein Schlag: Ihr Vater verstarb in einem Pflegeheim an einer Infektion mit dem Corona-Virus. „Er war dement und hatte schwere Vorerkrankungen“, erzählt sie. „Ich hätte ihn so gern wenigstes ein letztes Mal gesehen“. Besuche waren während der Corona-Krise nicht möglich. Telefonieren konnte der betagte Senior nicht mehr. Für eine Videokonferenz fehlte dem Pflegeheim die Ausstattung.
Ihr Vater war beliebt bei Freunden, Nachbarn und ehemaligen Kollegen.
„Zur Beerdigung wären sicher ein paar hundert Leute erschienen, um sich zu verabschieden“. Doch eine große Trauerfeier war nicht erlaubt. „15 Personen durften dabei sein. Mehr nicht.“
Für Angehörige, Freunde und Weggefährten ist der Verlust eines lieben Menschen ein schwerer Schlag. Die Beerdigung hilft dabei, den Tod zu akzeptieren und ein Stück weit zu verarbeiten. Doch auch für Bestattungen gelten Hygieneregeln und erhöhte Sicherheitsbestimmungen. Das Ausmaß variiert allerdings von Bundesland zu Bundesland.
Beerdigungen: Allgemeine Vorschriften während der Corona-Pandemie
Erd- und Feuerbestattung sind nach wie vor frei wählbar. Doch nur die engsten Angehörigen und Freunde dürfen an der Trauerfeier teilnehmen. Wie viele Personen erlaubt sind, hängt zumindest in Innenräumen davon ab, wie viel Platz zur Verfügung steht. Die maximale Anzahl bewegt sich zwischen 20 und 50 Personen. Vor wenigen Wochen war der Kreis vielerorts auf nur fünf Menschen beschränkt.
Denn wie überall gilt auch bei der Bestattung: Abstand halten. Auf dem Friedhof sind die Trauernden gezwungen, wenigstens 1,5 Meter voneinander entfernt zu stehen. Körperkontakt ist nicht möglich. Damit entfallen traditionelle Gesten der Kondolenz und des Trostes. Es gibt keine Umarmungen zwischen Familienangehörigen und Freunden. Keine Küsse. Kein Händeschütteln. Teilweise besteht sogar Maskenpflicht.
Die fehlende körperliche Nähe macht das gemeinsame Abschiednehmen schwer.
Abschied digital: Wenn Angehörige nicht an der Beerdigung teilnehmen können
Nahe Angehörige wie der Lebenspartner beziehungsweise die Lebenspartnerin, Kinder und Eltern dürfen zwar prinzipiell an der Trauerfeier auf dem Friedhof teilzunehmen. Aber was machen Angehörige, die in einem anderen Land wohnen?
„Meine Schwester konnte nicht dabei sein“, erklärt Jutta. Zwischen ihnen liegen rund 500 Kilometer und eine Landesgrenze. Ein Hotelzimmer zu mieten, wäre nicht möglich gewesen. „Alles hatte geschlossen.“ Bei Jutta und ihrer Familie gab es keine Unterbringungsmöglichkeit. „Außerdem hatten wir große Angst, uns anzustecken“, ergänzt die Frührentnerin.
Die Möglichkeit, ein Hotelzimmer zu mieten, gibt es nach wie vor nicht überall. In Mecklenburg-Vorpommern besteht bis zum 25. Mai sogar ein Einreiseverbot für Menschen aus anderen Bundesländern. In Brandenburg dürfen Reisende höchstens eine Ferienwohnung beziehen.
Doch auch entferntere Verwandte, Freunde, Nachbarn und Kollegen möchten Abschied von dem Verstorbenen nehmen.
Alternative Möglichkeiten, an der Beerdigung teilzunehmen
Es sorgt für Nähe, Trost und Verbundenheit, wenn jeder Trauernde ein paar Worte über den Verstorbenen zu Papier bringt. Diese Gedanken lassen sich auf der Trauerfeier vorlesen. Auf diese Weise sind auch die Menschen miteinbezogen, die nicht dabei sein dürfen.
Urnenbeisetzung verschieben
Bei einer Urnenbestattung ist es möglich, die Beisetzung hinauszuzögern. Die zulässige Frist richtet sich nach den Bestattungsgesetzen der Bundesländer. In Sachsen und Thüringen ist die Beisetzung sogar noch bis zu einem halben Jahr nach der Einäscherung erlaubt.
Vielleicht ist es in ein paar Monaten möglich, eine würdige Trauerfeier auszurichten. Allerdings hilft die Bestattung den Trauernden, den Schmerz hinter sich zu lassen und wieder nach vorn zu schauen. Ein Aufschub bedeutet, dass sich der Trauerprozess verzögert.
Große Trauerfeier verschieben
Angehörige haben ebenfalls die Möglichkeit, sich für eine Beisetzung in kleinem Kreis zu entscheiden und die eigentliche Trauerfeier auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Nach der Corona-Krise lässt sich eventuell eine große Trauer- und Gedenkfeier durchführe. Das gibt allen Freunden, Nachbarn, Kollegen und sonstigen Weggefährten die Chance, sich von dem Verstorbenen zu verabschieden.
Auf die verspätete Trauerfeier könnte bereits in einem Rundschreiben oder öffentlich hingewiesen werden.
Online-Übertragung einer Beerdigung
Die Digitalisierung hat auch das Bestattungswesen erreicht. Damit Angehörige, Freunde und Weggefährten im In- und Ausland an der Beerdigung teilnehmen können, bieten einige Bestattungsunternehmen eine Live-Übertragung der Beisetzung im Internet an. Wer über einen Internetanschluss verfügt, nimmt auf diese Weise am Computer an der Zeremonie teil.
Ältere Trauernde brauchen eventuell Hilfe beim Einrichten und Bedienen der Technik.
Wichtig ist, dass der Bestatter die Zuschauenden mit einbezieht. Das gelingt, indem er sie namentlich anspricht. So vermittelt er allen das Gefühl, mit dabei zu sein.
Video-Aufzeichnung
Zusätzlich oder als Alternative lässt sich die Beerdigung mit der Videokamera aufnehmen. Auf diese Weise entsteht eine bleibende Erinnerung an den Verstorbenen. Die Trauernden können die Aufnahmen später gemeinsam auf der Trauer- und Gedenkfeier ansehen.
Digital mit dabei
Jutta ist dankbar, dass ihre Schwester wenigstens digital an der Beerdigung teilnehmen konnte. „Ich fühlte mich ihr nahe, auch wenn sie nicht hier war“, erzählt die Frührentnerin. Später will die Familie den Vater in einer großen Gedenkfeier ehren. „Wenn die Corona-Krise endlich vorbei ist.“
Gastbeitrag von Michaela Hoevermann